Zukunftstest für Unternehmen: Wie fit ist Ihr Betrieb für die nächsten Jahrzehnte?
Ist Ihr Unternehmen bereit für die Zukunft? 24 Schlüsselfragen helfen Ihnen, Stärken zu erkennen und langfristig erfolgreicher zu werden.

Von Thorsten Giersch
Was macht den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg? Welche Verhaltensweisen und Grundsätze sorgen für Vertrauen, Sicherheit und den Glauben an die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens? Diese großen Fragen lassen sich nicht eindeutig beantworten. Es gibt ein Bündel an Glaubenssätzen, Thesen, Überzeugungen. Viele Beraterinnen und Berater, langjährige Geschäftsführende und andere Begleiter des Mittelstandes haben ihre Erkenntnisse immer wieder dokumentiert. Wir haben daraus eine Fragenliste ermittelt, mit der sich die Zukunft besser meistern lässt.
Haben Sie einen Nordstern?
- Im Jahr 2025 ist die Welt verrückter denn je. Alles verändert sich, umso mehr brauchen Unternehmen ein sinnbehaftetes Ziel, einen Nordstern. Welchen Nutzen bieten die eigenen Produkte und Dienstleistungen den Kunden? Sprechen Sie nicht nur über das Was (tolles Produkt) oder das Wie (hocheffektive Produktion), sondern immer auch über das Warum. Hier gilt die Aussage des Vordenkers Simon Sinek: „Menschen kaufen nicht, was man macht; sie kaufen, warum man es macht.“ Doch Vorsicht: Überprüfen Sie Ihr Unternehmensleitbild kritisch. Steht das Gros der Beschäftigten wirklich dahinter?
Messen Sie Ihre Zukunftsfähigkeit?
- Wo keine Quartalsberichterstattung nötig ist, können Entscheider langfristig denken. Dazu gehört aber auch, die Nachfolge rechtzeitig anzugehen und immer wieder zu messen, wie zukunftsfähig Ihr Unternehmen ist. Dafür gibt es Mechaniken wie den QScore, wohinter eine überschaubare Fragenliste steckt. Außerdem gilt es, seine Zielmärkte zu überprüfen.
Haben Sie tatsächlich eine Strategie?
- Berater betonen, wie strategiemüde viele Familienunternehmer seien oder dass sie Plan und Strategie verwechseln. Dabei sei es trotz der vielen Variablen und einer notwendigen Flexibilität wichtig, mit Bleistift einen Korridor für die nächsten fünf bis sieben Jahre zu entwickeln – einschließlich konkreter Schritte und Meilensteine. Die Anregungen der Beschäftigung gilt es zu nutzen, sowohl Top-Down als auch Bottom-Up lautet das Mantra.
Reichen die Kernkompetenzen des Unternehmens aus?
- Gärtner würden Hidden Champions so beschreiben: Lieber ein großer Fisch in einem kleinen Teich als umgekehrt. Überprüfen Sie permanent, ob Sie in der eigenen Nische wirklich noch an der Spitze sind. Stimmen Ihre Kernkompetenzen, also Ihr Wettbewerbsvorteil, noch? Nutzen Sie diese strategisch hinreichend aus?
Kennen Sie die Probleme Ihrer Kunden?
- Unternehmen werden nur dann nachhaltig Erfolg haben, wenn sie ihre Kunden erfolgreicher machen. Dafür muss man deren wesentlichen Probleme kennen und diese auf einzigartige Weise lösen können. Die Preisschlacht ist in der heutigen Welt für deutsche Mittelständler kaum noch zugewinnen. Der Austauschbarkeit entkommt man durch Differenzierung. Die Begeisterung von Kunden – meistens über den geringen Preis – verschwindet rasch, aber die Zufriedenheit mit dem lösungsorientierten Produkt bleibt.
Stimmt die Kundenbetreuung?
- Wenn Kunden etwas kaufen, ist es nicht der Endpunkt, sondern der Anfang der Kundenbindung. In dieser Phase kommt es darauf an, wie der Service funktioniert. Parallel gilt es, alles dafür zu tun, dass Kunden anderen ihre positive Erfahrung mitteilen. Besonders wichtig dabei, der Zero Moment of Truth. Wo könnte ein Potenzialkunde erstmals mit Ihrem Unternehmen in Berührung kommen? Und wie sehen Ihre Produkte dort aus?
Denken Sie hinreichend digital?
- Nutzen Sie die Daten, die in Ihrem Unternehmen schlummern, überhaupt? Und wenn ja, auch optimal? Sind Sie gegen Cyber-Angriffe hinreichend geschützt? Bedeutet künstliche Intelligenz für Sie eher Chance oder Risiko? Die Liste der Fragen rund um den Grad der Digitalisierung ließe sich endlos fortführen. Das scheint alles bekannt, aber zur Wahrheit gehört: Häufig überschätzen Firmen ihre digitale Reife und bleiben an einem gewissen Punkt stehen.
Setzen Sie auf Stagilität statt Agilität?
- Das Mantra von der Agilität hat mächtig Risse erhalten, nachdem sehr viele Beschäftigte aus entsprechenden Workshops zurückkehrten und sich Frust breitgemacht hatte. Nicht alle Betriebe sind bereit für agile Verfahren. Und man braucht sie auch nicht überall. Erfolgreicher sind stagile Unternehmen: Auf gute Leistung in den Prozessen optimiert, anpassungsfähig in Strategie und Struktur. Dann wird Veränderung auch zur Haltung – und nicht zum temporären Projekt.
Stimmen Ihre Prozesse?
- In relativ klar abgegrenzten Abteilungen zu arbeiten, ist für viele Mittelständler effektiv, vor allem, wenn viel mit sich wiederholenden Abläufen produziert wird. Der Nachteil ist, dass sich diese oft verschachtelten Unternehmen schwerer tun, schnell auf Veränderung zu reagieren. Identifizieren Sie Komplexitätstreiber? Passen Sie Ihre Organisation schnell genug an?
Arbeiten Sie hart genug an sich?
- Wer sich selbst nicht führen kann, kann auch andere nicht führen. Unter dem ständigen Druck passiert es gerade in unsicheren Zeiten schnell, in eines der beiden Extreme abzugleiten: Zu sehr mit sich zu hadern und ins Dauer-Optimieren zu gehen oder gar nicht über sein Verhalten nachzudenken. Können Sie Selbstführung? Bleiben Sie sich treu? Betreiben Sie regelmäßig Selbstreflexion? Lernen Sie aus Ihren Fehlern, ohne sich für sie zu geißeln?
Hat Ihre Marke genug Fans?
- Marken sind nicht unsterblich. Sie leben von Emotionen – und die müssen immer wieder neu geweckt werden. Ohne Werte sind Marken hohl, aber lebt Ihr Unternehmen diese Werte immer noch? Kunden erwarten mehr denn je Kommunikation – auch auf modernen Kanälen. Bieten Sie das?
Wollen Sie um jeden Preis wachsen?
- Viele Kunden hat man nur noch aus Gewohnheit oder um nicht auf den Umsatz zu verzichten. Wirklich Marge macht man mit so manchem nicht mehr. Wachstum und Größe um jeden Preis ist nicht alles. Doch finden Sie die Balance zwischen Risiko, Rendite und Wachstum? Verzichten Sie auf Kunden, die mehr Ärger als Erlös bringen?
Motivieren Sie ihre Mitarbeitenden?
- Simpler und wichtiger könnte die Frage kaum sein: Wie zufrieden und motiviert sind die Beschäftigten? Aber viele messen das nicht einmal, dabei sollte die Mitarbeiterbefragung Standard sein. Dazu gehört auch der Wille zur Transparenz, also alle Ergebnisse der Befragung zu veröffentlichen. Kein Mensch erwartet vom Arbeitgeber, dass alle Punkte sofort erledigt werden. Aber man lernt so schon, die Leute nicht mehr zu demotivieren.
Ist Ihr Unternehmen zeitgemäß finanziert?
- Der Bankkredit ist immer seltener das beste Mittel der Wahl, um sein Unternehmen zu finanzieren. Interessant kann der Kapitalmarkt sein, doch der stellt umfangreiche Anforderungen. Aber müsste ein Betrieb die nicht ohnehin erfüllen? Rentabilität und geringes Risiko sind immer wichtig, flüssig zu sein und Vermögenswerte im Unternehmen zu haben ebenso. Familienunternehmen sollten kapitalmarktfähig sein, ohne den Kapitalmarkt zu brauchen.
Ist die Nachfolge geregelt?
- Wenn es bei all den Besonderheiten von den Familienunternehmen, die das Nachfolgethema gut gelöst haben, eine Gemeinsamkeit gibt, dann diese: Sie haben sich in eine Lage versetzt, immer gut verkauft werden zu können, ohne dass sie verkauft werden müssen. Ist der Chef oder die Chefin Mitte 50, sollte begonnen werden zu planen. Haben Sie ein Familienmanifest, in dem zum Beispiel auch geregelt wird, wann und wie externe Manager übernehmen können?
Gefällt Ihre Führungskultur den Beschäftigten?
- Bekanntermaßen ist intrinsische Motivation besser als extrinsische. Nur, damit Beschäftigte auch von sich aus wollen, ist auf allen Ebenen eine ordentliche Führungskultur nötig. Wie sehr das gerade in Deutschland im Argen liegt, zeigen entsprechende Umfragen. Nichts steht dem Erfolg der Mitarbeitenden schließlich mehr im Weg als der direkte Vorgesetzte. Kümmern Sie sich genug um die Firmenkultur? Haben Sie diese der digitalen Welt angepasst?
Handeln Sie nachhaltig?
- Gewinne sind unverzichtbar, Nachhaltigkeit ist unverzichtbar. Über Letzteres streiten viele, vor allem, wenn man alle Aspekte von E (Environmental, Umwelt), S (Social, Soziales) und G (Governance, gute Betriebsführung) zusammenzählt. Doch auch wenn die Woke-Welle abebbt und Berichtspflichten verschoben werden: Anteilseigner und Kunden, Geld- und Gesetzgeber fordern perspektivisch immer mehr nachhaltiges Verhalten. Bereiten Sie Ihr Unternehmen auf Berichtspflichten vor – im Zweifel mit dem freiwilligen VSME-Standard der EU.
Suchen Sie die richtigen Führungskräfte aus?
- Vorgesetzte heißen so, weil sie den Beschäftigten vorgesetzt werden. Führungskräfte haben die Fähigkeit, andere zu großen Leistungen zu bewegen. Führen heißt eben auch, emporzuheben. Machen Sie in Ihrem Unternehmen die richtigen Menschen zu Führungskräften? Oft sind es die fachlich besten, die aufsteigen. Doch das ist bei Weitem nicht immer die beste Lösung. Haben Sie die Vorbild-Rolle bis in die Spitze des Unternehmens festgelegt? Gelten bei Ihnen im Haus die drei großen Vs: Vertrauen, Verantwortung und Verbindlichkeit?
Übernehmen Sie tatsächlich Verantwortung?
- Bekanntermaßen werden viel mehr Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen, als gut ist. Und diese Entscheidungen werden im Nachhinein begründet. Im günstigen Fall durch die semi-objektive Recherche eines Mitarbeitenden, im teuren Fall durch eine Beratung – weil nur die Wenigsten bereit sind, Verantwortung für ihre Intuition zu übernehmen. Übernehmen die Entscheider bei Ihnen im Unternehmen die Verantwortung für das, was sie tun? Und für das, was sie nicht tun?
Vertrauen Sie Ihren Beschäftigten?
- Wer vertraut, wird enttäuscht – im Privaten und im Geschäftlichen. Macht verliert ohne Missbrauch ihren Wert. Und sie führt dazu, dass Menschen kontrollsüchtig werden. Dennoch sind Unternehmen, in denen Vertrauen herrscht, erfolgreicher. Es gehört Mut dazu, den Beschäftigten mehr Freiraum zu lassen. Treffen Sie die Entscheidung, wie weit das bei Ihnen geht, bewusst?
Sind Familie und Firma im Einklang?
- Dass eine Unternehmensstrategie nötig ist, ist bekannt. Doch genauso wichtig ist eine Familienstrategie in den Betrieben, wo diese das Sagen hat. Denn die Mitglieder einer Familie sind nicht immer einer Meinung. Der Umgang mit meist zwischenmenschlichen Faktoren erfordert dieselbe Professionalität wie der Umgang mit Finanzkennzahlen. Gibt es eine Familienverfassung? Klare Regeln auch für die ferne Zukunft, die in einem vernünftigen Prozess festgelegt wurden? Ist die Verbindung von Familie und Unternehmen bei Ihnen wirklich gesund?
Wie resilient ist Ihr Unternehmen?
- Die Finanzen sind das eine, die Qualität der Produkte das andere. Die Lieferkette sollte breit genug besetzt sein, damit Vorprodukte stets zur Verfügung stehen. Dazu kommen der gute Wert der Marke und Beschäftigte, die sich wohlfühlen. Aber selbst das reicht noch nicht: Verringern sie dort, wo es möglich ist, Komplexität? Haben Sie den Markt gerade auch mit all den Neuerungen durch künstliche Intelligenz hinreichend im Blick?
Sind Sie bei Ihrer Entlohnung zu gierig?
- Viele Berater sagen es hinter vorgehaltener Hand, einige sprechen es offen aus: Was ihren eigenen Lohn betrifft, sind die meisten Unternehmer zu gierig. Wer 100.000 Euro übrig hat, mag die Hälfte für Zukunftsinvestitionen bereitlegen. Die andere Hälfte ist Kriegskasse, minus der eigene Lohn.
Haben Sie Ihre Steuern im Griff?
- Steuern hielten einen vom Arbeiten ab, sagen Kleinunternehmer. Steuern bänden zu viele Ressourcen, sagen die Großen. Leider ist es ein schlechter Weg, zu viel auf den Steuerberater zu verlagern. Nicht alle von ihnen denken unternehmerisch. Sie wurden vom Staat ausgebildet und arbeiten zum Teil auch für ihn.